Unternehmen profitieren von Vielfalt

Die Mehrheit der Berufstätigen in Deutschland findet, dass divers besetzte Teams nachhaltiger wirtschaften, besser führen und höhere Loyalität erfahren. Aber wenn es um das Alter der Vorstände geht, sind 90 Prozent älter als 46 Jahre, zwei Drittel sind deutscher Herkunft (Diversitätsbarometer 2020 der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Warth & Klein Grant Thornton und der Hochschulen Leuphana und Wedel). Ein Wert, der im Kontrast zur starken Exportorientierung der deutschen Wirtschaft steht. 

 

Die Handelsblatt Media Group und das Karriereportal Stepstone wollten deshalb wissen, was die berufstätige Bevölkerung in Deutschland über das Thema Vielfalt denkt. Wie weit ist das eigene Unternehmen? Wie steht es um die eigene Branche? Was denke ich persönlich? Welche eigenen Erfahrungen habe ich gemacht?

Die Ergebnisse zeigen, es besteht Handlungsbedarf: So glauben über 70 Prozent der Befragten an einen großen wirtschaftlichen Einfluss des sogenannten Diversity Managements. Die Mehrheit bemisst divers besetzten Teams gerade in Krisensituationen große Vorteile zu. Sie wirtschafteten nachhaltiger, führten besser, fänden etwa den besseren Ton und erführen bei unbequemen Maßnahmen eine höhere Loyalität als homogen besetzte Teams. 

Dem eigenen Unternehmen wird dabei von der Mehrheit der Befragten insgesamt eine offene und tolerante Atmosphäre attestiert. Auf der Arbeitsebene funktioniere Vielfalt gut. Aber: Diversity sei in der Regel noch keine Chefsache. In den Führungsspitzen gebe es große Defizite. Und in der Breite fehlten formalisierte Vorgaben und klare Prozesse, um Vielfalt zu fördern.  […]

 

Start-ups und internationalen Konzernen wird dabei der größte Fortschritt in Sachen Diversity zugerechnet. Mittelständler und Familienunternehmen werden eher als rückständig wahrgenommen. Digitalunternehmen werden von Frauen interessanterweise deutlich kritischer bewertet als von Männern. Als dominierende Ungerechtigkeitsfaktoren werden die Chancenungleichheit für Frauen und die Altersdiskriminierung angesehen. So hat jede zweite befragte Frau wegen ihres Geschlechts schon eine Ungleichbehandlung erlebt, und jeder dritte Befragte über 50 Jahren wegen seines Alters.  […]

 

©Text: Handelsblatt, 20.07.2020 | ©Foto: Westend61/Getty