Jackie Brown statt Golden Bachelor

 

„Im Ernst, Du rauchst zu viel von dem Zeug. Dieser Shit raubt Dir den Ehrgeiz.“

„Nicht, wenn ich den Ehrgeiz habe, stoned zu sein und Glotze zu gucken.“ 

(Jackie Brown, 1997) 

 

 

In dem Netflix-Film „Blood & Gold“ suchen alle nach dem verschollenen Gold einer verfolgten jüdischen Familie: eine SS-Truppe, ein ganzes Dorf, der Deserteur Heinrich und seine Verbündete Elsa. Die handwerkliche Qualität kommt dabei laut filmstarts.de ausgerechnet in den Action-Szenen besonders zum Tragen: „Blood & Gold“ erreicht immer wieder die unmittelbare Körperlichkeit, wie man sie von amerikanischen Grindhouse-Vorbildern von Quentin Tarantino & Co. kennt, die man aber speziell vom deutschen Film kaum noch gewöhnt ist: Im blutigen Showdown von „Blood & Gold“ rammt Heinrich dem SS-Schergen einen Goldbarren in den Mund. Dann ist er endgültig ruhig. Eine Ruhe, wie man sie sich von den „Golden Bachelor“-Machern wünschen würde.

 

Eine zweite Chance für Hoffnungslose

 

„Wie das Magazin Variety berichtet, hat der US-Sender ABC für den kommenden Herbst einen weiteren Ableger des Erfolgsformats ‚The Bachelor‘ angekündigt. In dem neuen Format sollen diesmal nicht wie gewohnt Frauen in der Blüte ihrer Jugend um die Gunst eines ebenso knackigen Bachelors buhlen. Vielmehr wird die neue Reality-Show als ‚eine ganz neue Art von Liebesgeschichte – eine für die goldenen Jahre‘ beschrieben. Der Pressemitteilung zufolge wird es sich bei dem ‚Golden Bachelor‘ jeweils um einen hoffnungslosen Romantiker handeln, dem eine zweite Chance in der Liebe gegeben wird, auf der Suche nach einer Partnerin, mit der er die letzten Jahre seines Lebens teilen kann.“

„Ähnliches gilt für die zukünftigen Kandidatinnen der neuen Sendung. Auch sie verfügen über ‚lebenslange Erfahrung, haben Liebe, Verlust und Lachen erlebt und hoffen auf einen Funken, der eine Zukunft voller unendlicher Möglichkeiten entfacht.‘ “ (1)

 

Das Klischee wird immer wieder zum Leben erweckt

 

Romantik, Liebe, Sex sind zeitlos und ihr Ausleben ist von Mensch zu Mensch anders und wandelt sich naturgemäß mit Erfahrungen und sich verändernden Vorlieben. „Hoffnungslose Romantiker“ gibt es in jeder Altersstufe, eine „zweite Chance“ ist stets jenen vorbehalten, die es vorher gründlich versaut haben, und die Suche nach etwas für ,die letzten Jahre eines Lebens‘ klingt mehr nach Sterbehilfe, als nach einem erfüllten und spannenden Leben, das es lohnt, immer wieder (und weiter-) gelebt zu werden.

 

Das klischeehafte Bild von alten Menschen, die sich faltig und stolpernd nach einem letzten Grashalm recken, um den letzten lebensverlängernden Tautropfen abzulecken, bevor sie sich die Radieschen von unten ansehen, wird durch diese Darstellung … naja, immer wieder zum Leben erweckt. Das kann im Einzelfall skurril sein, stellt aber nicht die Lebenswirklichkeit älterer Menschen dar. Tatsächlich gibt aber etwa jeder dritte Mann zwischen 70 und 79 Jahren an, sexuell aktiv zu sein, bei den Frauen sind es noch mehr. Erst in der Altersgruppe der über 80-Jährigen sind es bei den Männern nur noch 10 Prozent, bei den Frauen immerhin noch fast jede Fünfte. Schade, dass Tarantino keine Filme mehr machen will, in bester Erinnerung bleibt da wenigstens „Jackie Brown“ mit Pam Grier (Jahrgang 1949) und Robert Forster (1941). Wahres Gold.

 

(1) Gala, 18.05.2023

©Bild: Jay Rembert auf Unsplash