Ältere Kunden, jüngere Verkäufer

Letztens war ich bei Saturn, um mich über Wlan-Lautsprecher zu informieren. Ich liebäugelte bereits mit dem Libratone ZIPP, die Testergebnisse online waren gut, und auf libratone.com präsentierten mir ein paar sehr, sehr junge Models die ganze Fülle des Wohllauts. „Wir haben den ZIPP so gestaltet, dass er zu deinem Lifestyle passt. Damit er dein Zuhause mit einem reichen und satten Sound füllt, der seinesgleichen sucht.“. Kids und Copy passten nicht so ganz zueinander, aber so what. 

 

Bei Saturn beriet mich ein junger Verkäufer, zeigte mir noch ein paar andere Modelle und riet mir zum tragbaren JBL: „Den kannst Du dann auch umhängen, wenn Du unterwegs bist“. Fand ich gut, aber ehrlicherweise bin ich recht selten mit tragbarem Lautsprecher unterwegs, weder auf dem Fahrrad, noch beim Wandern, weder beim Shoppen noch beim Barhopping. Ich nahm es dennoch als Kompliment und strich mir gerührt über meine ergrauten Schläfen. Entschieden habe ich mich dann für den Libratone.

 

„Nur selten haben Menschen so klare Ansprüche wie die „Alten“. Sie sind anspruchsvoll, meist umfassend informiert, wissen genau, was sie wollen, sind kritisch und qualitätsbewusst. Sie sind Konsumprofis und blicken auf jahrzehntelange Konsumerfahrung zurück. Sie wollen überzeugt, nicht überredet werden. Mit hohlen Versprechungen und modernem Schnickschnack ist mit ihnen kein Umsatz zu machen. […]

 

Das Ergebnis einer Umfrage bei älteren Bankkunden zeigt katastrophale Ergebnisse und bringt die Erwartungen dieser Menschen mehr als deutlich zum Ausdruck. […] 6 von 10 Befragten erwarten als „vollwertiger Kunde“ behandelt zu werden, ist ein beschämendes Ergebnis und stellt die unzähligen Kundenbetreuungs-Strategien, Marketing- und Vertriebskonzepte infrage. […]

 

Einkaufen ist Beziehungs-Geschäft, Nutzen- Geschäft, Bedürfnisbefriedigungs-Geschäft, Problemlösungs-Geschäft, Geschäft zwischen Menschen, reine Emotion. Dabei spielen Gefühle wie Wertschätzung und Respekt, Achtung und Vertrauen, verstehen und sich verstanden fühlen, Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit, Sympathie und Anziehungskraft, die alles entscheidende Rolle. Die Art, die Wichtigkeit und die Intensität der Gefühle hat aber auch etwas mit dem Alter von Menschen zu tun. Dinge, die Jugendlichen weniger wichtig sind, können für ältere Menschen entscheidungsrelevant sein. Von daher spricht vieles dafür, dass ältere Kunden von Verkäufern ähnlichen Alters betreut werden. „Man“ hat eine gemeinsame Sprache, „man“ versteht sich. 

Das ist allerdings Wunschdenken, weil die Alterstruktur der Mitarbeiter in den meisten Unternehmen den demografischen Realitäten in der Gesellschaft nicht gerecht wird. Das ist weniger problematisch, wenn die jüngeren Verkäufer zumindest für ein altersgerechtes Verhalten sensibilisiert sind und sich entsprechend verhalten. Entscheidend ist eine ehrliche Einstellung und Grundhaltung. Wer ältere Menschen als hilflos und senil sieht, sie mit Inkontinenzprodukten, Treppenliften und Blasentee in Verbindung bringt und glaubt, dass sie ihm nur seine kostbare Zeit stehlen, wird keinen Erfolg haben. Wer mit Verkaufstricks zum Erfolg kommen will, wird schnell entlarvt und hat keine Chance. 

Ältere Kunden erwarten vom Verkäufer, dass er sie anders anspricht als jüngere Kunden. […] Sprache und Sprachlosigkeit sind ganz spezielle Herausforderungen zwischen den Generationen. Sie bestimmen den Umgang von Jung und Alt und sind in vielen Unternehmen einer der Gründe für sinkende Umsätze. Altersgerechte Anpassungen im Gesprächsverhalten von jungen Verkäufern sind dringend erforderlich. Sie tragen entscheidend dazu bei, ob sich ältere Menschen im Unternehmen und mit den Leistungen wohlfühlen, kaufen und gerne wiederkommen. […]“

 

©BZ-Nachrichten, 22.08.2019 | ©Bild: Eric Nopanen auf Unsplash